Wie macht man seine Website fit für alle? Die überarbeiteten Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.2 zeigen den Weg. In diesem Blogbeitrag erfahren Sie, was hinter den neuen Richtlinien steckt, warum digitale Barrierefreiheit für Unternehmen immer wichtiger wird, welche Neuerungen WCAG 2.2 bringt – und wie Sie diese praxisnah umsetzen. Außerdem beleuchten wir die rechtlichen Vorgaben und geben einen Ausblick in die Zukunft der Webstandards.

WCAG 2.2: Ein neuer Schritt für digitale Inklusion

Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) – auf Deutsch Richtlinien für barrierefreie Webinhalte – sind der weltweite Standard, um Websites und Apps für alle Menschen zugänglich zu machen. Herausgegeben vom World Wide Web Consortium (W3C), definieren sie konkrete Erfolgskriterien, damit auch Nutzer mit Behinderungen das Web uneingeschränkt bedienen können. Am 5. Oktober 2023 wurde die Version WCAG 2.2 offiziell als W3C-Empfehlung veröffentlicht​. Es ist das erste Update seit über fünf Jahren und ergänzt die WCAG 2.1 (von 2018) um neue, stabile Kriterien​.

WCAG 2.2 ist dabei vollständig rückwärtskompatibel: Wer die neuen Anforderungen erfüllt, erfüllt automatisch auch die vorherigen Versionen WCAG 2.1 und 2.0​. Mit anderen Worten – WCAG entwickelt sich evolutionär weiter, ohne bewährte Standards über den Haufen zu werfen. Jede neue Version stellt einen weiteren Schritt Richtung digitale Inklusion dar: Die Richtlinien sollen sicherstellen, dass wirklich alle Menschen – ob mit Seh- oder Hörbeeinträchtigung, motorischen oder kognitiven Einschränkungen – Ihre Website problemlos nutzen können.

Warum Barrierefreiheit im Web immer wichtiger wird

Inklusion bedeutet, dass alle Kunden, unabhängig von körperlichen Voraussetzungen, Ihre Online-Angebote nutzen können.

Digitale Barrierefreiheit ist längst kein Luxus mehr, sondern eine Notwendigkeit. Eine zugängliche Website erschließt Ihrem Unternehmen ein deutlich größeres Kundensegment, einschließlich Menschen mit Behinderungen und älteren Nutzern​. Indem Ihre Seiten für alle intuitiv bedienbar sind und Informationen klar strukturiert anbieten, erhöhen Sie automatisch die Kundenzufriedenheit – niemand fühlt sich ausgeschlossen. Zugleich demonstrieren Sie gesellschaftliche Verantwortung: Eine barrierefreie Webseite zeigt, dass Ihr Unternehmen Wert auf Inklusion legt​. Oder wie die Expertin Anne-Marie Nebe es ausdrückt: „Barrierefreiheit ist für 10 % der Menschen unerlässlich, für 30 % notwendig und für 100 % nützlich.“

Wichtig für Unternehmen sind natürlich auch harte Fakten. Und auch hier zahlt sich Barrierefreiheit aus: In einer aktuellen Studie gaben 38 % der befragten Unternehmen an, dass ihre Barrierefreiheits-Maßnahmen direkt zu höheren Umsätzen geführt haben​. Mehr noch: Über 70 % der Firmen planen, in den nächsten 12 Monaten verstärkt in digitale Barrierefreiheit zu investieren​. Kurzum – Barrierefreiheit ist nicht nur „nice to have“, sondern eine lohnende Investition in Zufriedenheit, Reichweite und Umsatz.

Was ist neu in WCAG 2.2? Ein Überblick über die Änderungen

WCAG 2.2 baut auf Version 2.1 auf und schließt einige Lücken, um modernen Nutzungsanforderungen gerecht zu werden. Insgesamt wurden neun neue Erfolgskriterien hinzugefügt, vor allem mit Fokus auf Benutzer mit eingeschränktem Sehvermögen, kognitiven Beeinträchtigungen und motorischen Einschränkungen (z.B. unsichere Handhabung von Touchscreens)​. Sechs der neuen Kriterien liegen auf Konformitätsstufe A bzw. AA – diese sind besonders praxisrelevant, da sie typischerweise als Standard für gesetzliche Vorgaben gelten​. (Die restlichen drei sind Stufe AAA für höchste Barrierefreiheitsstandards.) Ein älteres WCAG-2.1-Kriterium wurde zudem als überholt gestrichen (siehe Vergleich unten). Schauen wir uns die wichtigsten Neuerungen von WCAG 2.2 und deren Bedeutung für Ihr Unternehmen an:

  • Fokus nicht verdeckt – Wenn ein Bedienelement den Tastaturfokus erhält, darf es nicht von anderen Seitenelementen verdeckt werden. Fixe Kopfzeilen, Cookie-Banner oder Pop-ups dürfen also nicht dazu führen, dass die Fokusmarkierung unsichtbar wird​. 
    Praxis-Beispiel: Ihr Cookie-Hinweis am Seitenrand sollte so gestaltet sein, dass ein per Tab fokussierter Menü-Link nicht hinter dem Banner verschwindet.
  • Ziehbewegungen vermeiden – Funktionen, die eine Drag-and-Drop-Interaktion erfordern (also ein Element mit der Maus oder dem Finger zu ziehen), müssen auch ohne Ziehen bedienbar sein​. 
    Praxis-Beispiel: Wenn Ihr Online-Shop ein Produkt per Drag & Drop in den Warenkorb ziehen lässt, bieten Sie alternativ Buttons an („In den Warenkorb“ klicken) oder erlauben Sie das Auswählen per Klick und anschließendes Klick-Ziel zum Ablegen​. So können auch Nutzer mit motorischen Schwierigkeiten oder auf Touch-Geräten die Aktion ausführen.
  • Zielgröße (Minimum) – Interaktive Elemente (Buttons, Links, Icons) müssen eine ausreichend große Klickfläche haben. Konkret fordert WCAG 2.2 mindestens 24×24 CSS-Pixel Größe – alternativ ausreichend Abstand zu anderen Elementen. Dadurch sollen Fehleingaben vermieden werden, insbesondere bei Touch-Bedienung mit dem Finger. 
    Praxis-Beispiel: Achten Sie darauf, dass z.B. kleine „+“/„–“-Schaltflächen neben einem Produktfoto groß genug sind oder genug Polster zum nächsten Element haben. So treffen Ihre Kunden auf dem Smartphone stets den richtigen Button.
  • Konsistente Hilfe – Wenn Ihre Website Hilfsfunktionen anbietet (etwa Kontaktinformationen, Chatbot, Hilfe-Seiten), müssen diese auf allen Unterseiten in gleicher Weise auffindbar sein. Das heißt, gleiche Position oder Reihenfolge im Menü, solange der Nutzer nichts anderes auswählt. 
    Praxis-Beispiel: Ist auf Ihrer Startseite oben rechts ein „Hilfe“– oder „Kontakt“-Link, sollte dieser Link auf allen Seiten an derselben Stelle sein. Nutzer wissen dann immer, wo sie Support finden, ohne suchen zu müssen.
  • Redundante Eingabe vermeiden – Nutzer sollen nicht gezwungen werden, dieselben Informationen mehrfach einzugeben. Wenn Daten bereits vorhanden sind oder aus früheren Eingaben übernommen werden können, sollte dies genutzt werden. 
    Praxis-Beispiel: Bieten Sie im Checkout eine Checkbox „Lieferadresse = Rechnungsadresse“ an, anstatt Ihre Kunden alle Adressfelder doppelt ausfüllen zu lassen. Auch vorausgefüllte Formularfelder (etwa aus dem Nutzerkonto) helfen, Doppeleingaben zu reduzieren.
  • Barrierefreie Authentifizierung (Minimum) – Login- und Verifizierungsprozesse dürfen keine rein kognitiven Hürden aufbauen. Konkret soll kein Schritt nur durch eine Gedächtnisleistung oder ein Rätsel lösbar sein, ohne Alternative zur Verfügung zu stellen. 
    Praxis-Beispiel: Wenn sich Nutzer bei Ihrem Online-Shop anmelden, erlauben Sie das Einfügen von Benutzername und Passwort – blockieren Sie also nicht das Kopieren aus einem Passwort-Manager. Falls Sie CAPTCHAs verwenden, bieten Sie einfache Alternativen an (z.B. ein leichtes Rechenrätsel plus eine Audio-Ausgabe oder eine Bestätigung per E-Mail). So stellen Sie sicher, dass auch Menschen mit Lernschwierigkeiten oder Gedächtnisproblemen sich einloggen können.

Diese neuen Erfolgskriterien in WCAG 2.2 zielen also vor allem darauf ab, Bedienhindernisse weiter abzubauen – von versteckten Fokusmarkierungen über fummelige Bedienelemente bis hin zu frustrierenden Logins. Die meisten dieser Anforderungen sind mit einfachen Maßnahmen im Webdesign und in der Benutzerführung umsetzbar und kommen allen Nutzern zugute. Zusätzlich zu den obigen Punkten gibt es noch drei neue Kriterien auf AAA-Niveau (für sehr hohe Barrierefreiheit), die noch strengere Maßstäbe an die Fokus-Sichtbarkeit und barrierefreie Authentifizierung anlegen – für Unternehmen sind diese jedoch freiwillig.

WCAG 2.2 und gesetzliche Anforderungen: Was Unternehmen wissen müssen

Barrierefreiheit ist nicht nur eine Frage der Usability, sondern zunehmend auch ein gesetzliches Muss. In der EU sind öffentliche Stellen schon seit einigen Jahren per Richtlinie verpflichtet, ihre Websites nach WCAG-Richtlinien barrierefrei (Level AA) zu gestalten. Für Unternehmen im Privatsektor zieht die Regulierung nun nach: Der European Accessibility Act (EAA) – eine EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit – verpflichtet ab Juni 2025 viele Anbieter, digitale Produkte und Dienstleistungen barrierefrei anzubieten. Das betrifft insbesondere E-Commerce-Angebote: „Mit 28. Juni 2025 sind Webshops verpflichtet, digital barrierefrei zugänglich zu sein.“. In Deutschland wird diese EU-Vorgabe durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) umgesetzt, das ab 2025 für zahlreiche Unternehmen (z.B. Online-Händler, Banken, Verkehrs- und Telekommunikationsunternehmen) gilt. Eine Ausnahme gibt es meist nur für Kleinstunternehmen.

Für Ihr Unternehmen bedeutet das: Barrierefreiheit frühzeitig angehen, um rechtskonform zu sein und eventuellen Sanktionen vorzubeugen. Die WCAG dienen dabei als anerkannte Richtlinie und werden in den gesetzlichen Standards (z.B. der europäischen Norm EN 301 549) verankert. Aktuell beziehen sich die Gesetze noch auf WCAG 2.1, doch WCAG 2.2 wird perspektivisch integriert werden. Von den neun neuen WCAG-2.2-Kriterien liegen sechs auf den Stufen A und AA und werden damit voraussichtlich Teil der zukünftigen Mindestanforderungen sein. Kurzfristig ändert sich zwar für bestehende gesetzliche Pflichten wenig, aber Unternehmen, die jetzt schon WCAG 2.2 umsetzen, sind zukunftssicher aufgestellt. Sie minimieren nicht nur ihr rechtliches Risiko, sondern demonstrieren auch proaktiv ihr Engagement für Inklusion – ein Pluspunkt in jeder Ausschreibung und für das Image.

WCAG 2.2 vs. WCAG 2.1: Die wichtigsten Verbesserungen im Vergleich

Im direkten Vergleich mit WCAG 2.1 bietet WCAG 2.2 mehr Schutz vor Barrieren und nimmt vor allem neue Nutzergruppen in den Fokus. Während WCAG 2.1 (2018) bereits 17 neue Kriterien für mobile Geräte, Sehbehinderte und kognitive Einschränkungen brachte, legt WCAG 2.2 noch einmal nach – insbesondere für Menschen mit kognitiven Einschränkungen, mit geringer Sehfähigkeit und mit motorischen Herausforderungen. So schließen die neuen Regeln u.a. Lücken bei Formularen, bei der Sichtbarkeit von Fokus-Markierungen und bei der Bedienung mit der Maus auf Touchscreens.

Gleichzeitig bleibt die Kompatibilität gewahrt: Alle WCAG-2.1-Kriterien gelten unverändert in 2.2 weiter. Neu hinzukommen 9 Erfolgskriterien, wodurch WCAG 2.2 nun insgesamt 87 Kriterien umfasst (statt 78 bei WCAG 2.1). Eine Änderung dürfte Entwickler freuen: Das altbekannte Kriterium 4.1.1 Parsing wurde als überflüssig gestrichen. Dieser Prüfschritt aus den frühen WCAG-2.0-Tagen verlangte sauberen HTML-Code, ist heute aber dank moderner Browser kaum noch relevant​. Seine Entfernung vereinfacht die Prüfung geringfügig, ohne die Zugänglichkeit zu beeinträchtigen.

Zusammengefasst konzentriert sich WCAG 2.2 auf Verbesserungen in Bereichen, die in WCAG 2.1 noch nicht ausreichend abgedeckt waren: klare Fokusindikatoren, bedienbare Inhalte ohne komplexe Gesten, vereinfachte Prozesse für Benutzer. Für Unternehmen, die bereits WCAG 2.1 umgesetzt haben, bedeutet WCAG 2.2 vor allem Feinschliff und Erweiterung. Wer bisher vielleicht zögerte, hat jetzt einen noch klareren Fahrplan an der Hand, um sein digitales Angebot inklusiv zu gestalten.

Digitale Zukunft: Wie WCAG 2.2 den Weg für mehr Barrierefreiheit ebnet

WCAG 2.2 markiert einen weiteren Meilenstein – doch die Entwicklung geht weiter. Barrierefreiheit ist ein fortlaufender Prozess, der mit dem technologischen Fortschritt Schritt hält. Schon heute arbeitet die W3C-Community an der nächsten Generation, bekannt als WCAG 3.0 („Silver“), die in den kommenden Jahren veröffentlicht werden soll. Während WCAG 2.x das bestehende Fundament verbessert, wird WCAG 3.0 einen umfassenderen Ansatz verfolgen, um noch mehr Bedürfnisse abzudecken (insbesondere im Bereich kognitive Barrieren und Benutzerfreundlichkeit).

Für Ihr Unternehmen heißt das: Wer jetzt auf WCAG 2.2 setzt, ebnet den Weg in die Zukunft. Sie sorgen dafür, dass alle Nutzer – ob mit oder ohne Behinderung – eine positive Erfahrung auf Ihrer Website oder in Ihrem Online-Shop haben. Damit stärken Sie nicht nur Ihre Marke und Kundenbindung, sondern sind auch technisch für neue Geräte, Interaktionsformen und Standards gerüstet. Barrierefreiheit fördert Innovation: Features wie Sprachbedienung, alternative Texte oder übersichtliche Navigationen kommen letztlich allen zugute, vom Vielnutzer bis zum Gelegenheitskunden.

Digitale Barrierefreiheit ist mehr als nur Compliance – sie ist ein Qualitätsmerkmal. WCAG 2.2 liefert Ihnen klare Handlungsempfehlungen, um dieses Qualitätsniveau zu erreichen. Nutzen Sie diese Chance, sich vom Wettbewerb positiv abzuheben. Indem Sie Ihre digitalen Angebote inklusiver gestalten, investieren Sie in eine nachhaltige, zukunftsfähige Kundenbeziehung und erschließen neue Marktpotenziale.

Fazit: Barrierefreiheit als Chance – jetzt handeln!

Die WCAG 2.2-Richtlinien zeigen klar: Barrierefreiheit zahlt sich aus – für Ihre Nutzer und für Ihr Unternehmen. Gerade KMUs und Online-Shops können mit relativ einfachen Anpassungen große Wirkung erzielen, von der verbesserten Usability bis hin zu höherer Kundenzufriedenheit und Konversionsrate. Warten Sie nicht auf gesetzliche Zwänge: Werden Sie jetzt aktiv und machen Sie Ihre Website fit für alle.

Haben Sie Fragen zur praktischen Umsetzung der WCAG 2.2 in Ihrem Unternehmen? Benötigen Sie Unterstützung, um Ihren Online-Shop barrierefrei zu gestalten? Kontaktieren Sie uns gern! Unser Team von Barrierefreiheits-Experten hilft Ihnen dabei, die neuen Richtlinien effizient umzusetzen – damit wirklich jeder Ihre digitalen Angebote nutzen kann. Nutzen Sie Barrierefreiheit als Chance und investieren Sie in eine inklusive digitale Zukunft. Ihr Unternehmen und Ihre Kunden werden es Ihnen danken.

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